Eine zweite Karriere über Tage

Vom Stollen an den Schreibtisch: Dank der engen Verbindung von VIVAWEST zur RAG Aktiengesellschaft fanden viele Bergbau-Beschäftigte ihre neue berufliche Heimat in der Wohnungswirtschaft. Vier von ihnen erinnern sich – an ihren gelungenen Neustart, das ungewohnte Büroleben und die damit verbundenen Herausforderungen.

An die Büroluft über Tage mussten sich viele erst gewöhnen. Mit dem Ende des Steinkohlenbergbaus in Deutschland verschwand nicht nur der Beruf des Bergmanns, der über Jahrhunderte und Generationen hinweg eine ganze Region geprägt hatte. Durch die Zechenschließungen verschwanden auch Tausende Handwerkerjobs. Menschen, die unter Tage einst Fundamente für Maschinen mauerten, Diesellokomotiven warteten oder in der Betriebsschlosserei arbeiteten, suchten neue Jobs im Handwerk.

Viele von ihnen fanden bei VIVAWEST und ihren Tochtergesellschaften, die eng mit der Ruhrkohle AG (RAG) verbunden waren, einen Arbeitsplatz. Damals suchten der ehemalige Immobilien-Verbund der RAG und die bergbaunahe Wohnungsgesellschaft THS handwerkliche Fachkräfte in den Bereichen Maurerei, Schlosserei, Tischlerei, Elektrik und Installation. Beide fusionierten 2012 zur heutigen VIVAWEST. Zahlreiche Beschäftigte aus dem Bergbau starteten in der Wohnungswirtschaft neu durch. Vier von ihnen blicken zurück und erzählen von ihrer zweiten Karriere.

SCHRAUBENSCHLÜSSEL WEICHT COMPUTER

Das endgültige Ende des Kohlenbergbaus abzuwarten war für Benjamin Wilm keine Option. Der 41-Jährige, der sich unter Tage als Industriemechaniker etwa um die Wartung von Diesellokomotiven kümmerte und später als Steiger auf der Zeche Prosper-Haniel in Bottrop arbeitete, sagt: „Weder wollte ich ins Bergfreie fallen, noch mich auf einer Abfindung ausruhen.“ Über die Ruhrkohle-Handwerkervermittlung kam er 2012 zu Vivawest Wohnen, tauschte Schraubenschlüssel gegen Smartphone und Computer und blieb. Bis heute ist er dort als Bestandstechniker tätig und kümmert sich um die Entwicklung von rund 1.800 Wohnungen in Dortmund-Scharnhorst und Bochum-Werne, beauftragt Unternehmen mit technischen Modernisierungen oder veranlasst Reparaturen. Was ihm zugutekam: Er hatte bereits Erfahrung in der gleisgebundenen Güterlogistik. Und er ist, wie er selbst sagt „ein Macher, der gerne handfest anpackt." Der Schreibtischjob war anfangs ungewohnt, doch Wilm nahm die Herausforderung an und arbeitete sich erfolgreich ein.

„Weder wollte ich ins Bergfreie fallen, noch mich auf einer Abfindung ausruhen.“
— Benjamin Wilm, Bestandstechniker Vivawest Wohnen

EIN BEITRAG ZUR ERFOLGSGESCHICHTE

Friedhelm Hoffmann war einer der Ersten. Im Oktober 1997 begann der gelernte Maurer seinen Dienst als Handwerker in der 1996 gegründeten RIAG Handwerks-Zentrum GmbH (RHZ) in Dortmund-Derne. Zuvor hatte er auf den Zechen Victoria in Lünen, Ewald in Herten und Prosper-Haniel Fundamente für Maschinen gemauert oder Rutschen in der Kohlenwäsche mit Basalt gefliest. Bei RHZ mauerte und verputzte er Wohnungswände und trug damit zur Erfolgsgeschichte des Unternehmens bei. Heute ist RHZ mit über 500 Beschäftigten die größte Dienstleistungsgesellschaft im Vivawest-Konzern. Die eindrucksvolle Jahresbilanz: 119.500 Reparatureinsätze, 15.800 Heizungswartungen, 3.200 Kanalsanierungen und 770 Wohnungsmodernisierungen.
Aus gesundheitlichen Gründen musste Friedhelm Hoffmann die Maurerkelle schließlich beiseitelegen. Seitdem arbeitet der 58-Jährige in der Zentrale der Vivawest Dienstleistungen auf dem Areal der ehemaligen Zeche Bergmannsglück in Gelsenkirchen-Hassel am Empfang. Als „gute Seele des Hauses“ betreut er Gäste und verantwortet die Post. Außerdem kümmert er sich als Betriebsrat besonders um die Anliegen schwerbehinderter Kolleginnen und Kollegen.

MIT DEM BÜROALLTAG VERSÖHNT

Im ständigen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen, Kunden sowie Gästen fühlt sich Sylke Last am wohlsten. Als Sachbearbeiterin am Empfang und im Backoffice des VIVAWEST-Kundencenters Niederrhein ist sie oft die erste Ansprechpartnerin für Mieterinnen und Mieter sowie für Interessenten. 14 Jahre lang arbeitete die 51-Jährige für THS Wohnen. Als sich die bergbauverbundene Wohnungsgesellschaft und Evonik Immobilien 2012 zu VIVAWEST zusammenschlossen, blieb Sylke Last im neuen Unternehmen. Ursprünglich hatte sie keine Lust auf einen klassischen Bürojob. „Ich wollte als junge Frau unbedingt ein Handwerk lernen“, sagt sie. Auf der Zeche Rheinpreußen in Moers absolvierte sie eine dreieinhalbjährige Ausbildung zur Energieelektronikerin mit Fachrichtung Betriebstechnik. Last: „Das hat mir Spaß gemacht – bloß, ich fand danach keinen Job. Die Unternehmen wollten keine Frau einstellen – dann hätten sie in ihrer Männerwelt ja zusätzliche Sanitärräume schaffen müssen.“ Also absolvierte Sylke Last eine zusätzliche Ausbildung zur Rechtsanwalts- und Notargehilfin, arbeitete unter anderem im Büro der IG Bergbau in Bochum. Mit dem Büroalltag ist sie längst versöhnt: „Am Ende hat sich alles zum Guten gewendet.“

„Es hat mir in all den Jahren immer großen Spaß gemacht, den Aufbau von VIVAWEST mitgestalten zu dürfen.“
— Jörg Schneidinger, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates der Vivawest Dienstleistungen Gruppe

ZUKUNFT MITGESTALTET  

Für den 57-jährigen Jörg Schneidinger begann der berufliche Neuanfang mit einem Kulturschock. Von 1983 bis zur Stilllegung 1993 arbeitete er als Betriebsschlosser auf der Kokerei Zollverein in Essen. 1995 wechselte er zur Haus Vogelsang GmbH, der Vorgängergesellschaft der heutigen VIVAWEST-Tochter HVG. Von der Schwerindustrie ging es für den heutigen Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrates der Vivawest Dienstleistungen Gruppe auf einen Bauernhof in Datteln-Ahsen. Dort war HVG damals auf einem jahrhundertealten ehemaligen Gutshof ansässig, der stark baufällig war. Im Zentrum der damaligen Unternehmenszentrale: ein Schweinestall für bis zu 1.500 Tiere. Die Gebäude wurden umgebaut, moderne Büro- und Betriebsräume entstanden, der Stall wurde zur Lagerhalle. „Es waren Pioniertage, manchmal wahnsinnig anstrengend, denn wir waren anfangs nur ein kleines Team“, erinnert sich Jörg Schneidinger. Doch das Team wuchs schnell, „bald waren wir 100, dann 200“, und viele neue Aufgaben kamen hinzu. Als freigestellter Betriebsrat vertrat Schneidinger zunächst die Interessen seiner Kolleginnen und Kollegen bei HVG, 2011 wurde er Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates der Vivawest Dienstleistungen-Gruppe. „Es hat mir in all den Jahren immer großen Spaß gemacht, den Aufbau von VIVAWEST mitgestalten zu dürfen“, sagt er.

Wohnungsnahe Dienstleistungen aus einer Hand

Die operativen Dienstleistungstöchter decken mit rund 1.200 Beschäftigten ein breites Spektrum an Serviceleistungen ab, vor allem für den VIVAWEST-Immobilienbestand. Die Unternehmen im Überblick:

Grünflächenmanagement
Weit über 400 Beschäftigte an fünf Standorten machen die HVG Grünflächenmanagement GmbH über die Grenzen von Nordrhein-Westfalen hinaus zu einem der führenden Grünflächenmanager im Immobilienumfeld der Wohnungswirtschaft und der Industrie.

Handwerksdienstleistungen
Mit der RHZ Handwerks-Zentrum GmbH gehört eines der größten Handwerksunternehmen Deutschlands zum Vivawest-Konzern. Vom tropfenden Wasserhahn bis hin zur Erneuerung eines Durchlauferhitzers – behoben werden alle Kleinschäden im Rahmen der Instandhaltung.
 

Multimediaversorgung
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Mess- und Abrechnungsdienste
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