Wir im Quartier

Die Amigonianer engagieren sich für die VIVAWEST-Mieter in der Aldenhofsiedlung

Ob Weihnachts- oder Osteraktionen, Ferienprogramme, Hausaufgabenhilfe, Elterncafé oder Jugendtreff – das 1989 erbaute Holzhaus am Rande des VIVAWEST-Quartiers in der Gelsenkirchener Feldmark zieht mit seinen abwechslungsreichen Angeboten für Kinder, Jugendliche und Familien aus der Nachbarschaft normalerweise regelmäßig viele Besucher an. Die Corona-Pandemie hat vieles verändert. Doch das Team der Amigonianer soziale Werke e.V. wird nicht müde, auch in Zeiten von Kontaktbeschränkungen auf andere Art Kontakt zu den Familien zu halten und hat zu diesem Zweck viele Online-Angebote geschaffen.

„Ich muss mein Diensthandy inzwischen auch mitten am Tag schon einmal aufladen“, sagt Katja Schrader, pädagogische Gesamtleitung des Amigonianer soziale Werke e.V. am Standort in der Feldmark. Aktuell sehe ihr Arbeitsalltag nämlich fast wie der einer Büroangestellten aus. So viel Zeit verbringt sie vor dem Computer oder am Telefon. Seit dem 21. Dezember 2020 ist der Jugendtreff in der Feldmark geschlossen. Sämtliche Präsenz-Angebote, die auch in den Monaten davor schon nur eingeschränkt stattfinden konnten, sind aktuell nicht möglich. Daher hat sich das fünfköpfige Team der Amigonianer, das von der Vivawest Stiftung gefördert wird, seit Beginn der Corona-Pandemie umfassend zu den Themen Social Media und Soziale Arbeit und Digitalisierung weitergebildet und hat sich einiges einfallen lassen, um den Kindern, Jugendlichen und Familien im Quartier auch in Zeiten von Kontaktbeschränkungen und Schulschließungen unterstützend zur Seite zu stehen. „Uns sind ein gutes Miteinander und eine gute Nachbarschaft in unseren Quartieren sehr wichtig. Die Kinder- und Jugendarbeit sowie die Integrationsarbeit spielen dabei eine große Rolle“, so Uwe Goemann, Geschäftsführer der Vivawest Stiftung, die normalerweise die regelmäßig stattfindenden Ferienfreizeiten der Amigonianer unterstützt und auch darüber hinaus einzelne Projekte des Ordens fördert. „Was die Amigonianer in Zeiten der Corona-Pandemie für die Familien im Quartier auf die Beine stellen, ist wirklich bemerkenswert“, lobt Goemann.

Online-Sportangebote für Drinnen und Draußen

Da die Kinder während des Lockdowns nicht viele Möglichkeiten der Freizeitbeschäf-tigung haben und die Bewegung oft zu kurz kommt, drehen die Amigonianer derzeit zum Beispiel regelmäßig Sportvideos, laden diese auf ihren Online-Kanälen hoch und verschicken sie per Whatsapp an die Familien. Je nach Wetter erwartet die Kinder, Jugendlichen und ihre Eltern ein sportliches Angebot für Drinnen oder Draußen. „Draußen gab es bis jetzt eine Fahrradtour über die Bahntrasse inklusive „Ruhrgebietsquiz“ und eine Wanderung zur Himmelsleiter auf der Halde Rheinelbe mit Podcast. Drinnen standen u.a. Dehnübungen, Seilspringen und Boxübungen auf dem Programm. Um das Ganze möglichst informativ zu gestalten, werden die sportlichen Einheiten durch Rätsel und „Sportwissen“ ergänzt“, sagt Katja Schrader. Diese Videos seien nicht nur bei den Kindern und Jugendlichen, sondern auch besonders bei den Vätern, die derzeit vermehrt zu Hause sind und selbst keinen Sport machen können, sehr gut angekommen.

Backen und Basteln per Live-Video

„Da die Mädchen und Jungen in unseren Einrichtungen immer gerne backen und basteln, nutzen wir aktuell auch genau diese Aktivitäten, um ihnen Abwechslung zu Hause zu bieten. Per Live-Video können die Familien mit uns backen“, so die Einrichtungsleitung. Es gab bereits Krümelmonster-Muffins, Brownies und Pizza-Schnecken. Über dieses Angebot freuen sich neben den Mädchen und Jungen vor allem die Mütter, die dem Team der Amigonianer häufig Back-Fotos zusenden. Auch die Bastelanleitungen gibt es per Live-Video. Hier werden u.a. Seife, Sensorik-Flaschen und Socken-Oktopusse gebastelt. Falls eine Familie nicht live dabei sein kann, kann sie das Angebot auch zu einem späteren Zeitpunkt abrufen. Darüber hinaus gehören Gute-Nacht-Geschichten in deutscher und türkischer Sprache als Element zum gemeinsamen Tagesabschluss mit den Kindern zum festen Programm der Amigonianer.

Hausaufgabenbetreuung und Bildungsförderung

Mit der erneuten, rund zweimonatigen corona-bedingten Schulschließung zwischen den Weihnachtsferien und Ende Februar sind auch die Lerndefizite vieler Kinder und Jugendlichen in der Aldenhofsiedlung größer geworden. Deshalb liegt ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit der Amigonianer auf der Hausaufgabenbetreuung und Bildungsförderung. „Ergänzend gibt es täglich Lern-, Lese- und Vorlesegruppen für Kinder unterschiedlichen Alters. So lernen die Mädchen und Jungen beispielsweise den Kalender und die Jahreszeiten näher kennen, üben sich darin, Briefe zu schreiben und werden kleine Profis beim Spiel Stadt-Land-Fluss“, so die Sozialarbeiterin. Dabei sei es besonders wichtig, den Kindern und Jugendlichen einen festen Tagesablauf zu bieten. So können sie sich darauf einstellen, was sie zu welcher Uhrzeit erwartet. Auch diese Angebote werden sehr gut angenommen, berichtet Katja Schrader. Zusätzlich hat das Team der Amigonianer es sich zur Aufgabe gemacht, gerade jene Kinder schulisch zu unterstützen, die aktuell besonderen Förderbedarf aufweisen. Dies seien vor allem Kinder, die noch nicht lange in Deutschland leben, die sich in der ersten oder der Abschlussklasse der Grundschule befinden oder Jugendliche, die in ähnlicher Situation auf der weiterführenden Schule zurückzubleiben drohen. Ihnen ermöglichen Katja Schrader und ihre Kollegen unter Einhaltung besonderer Hygienemaßnahmen dreimal in der Woche eine 1-zu-1-Betreuung vor Ort.

Den „Draht“ zu den Menschen nicht verlieren

Denn es geht eben nicht alles ohne persönlichen Kontakt, weiß Katja Schrader, die sowohl online und am Telefon als auch bei ihren Rundgängen durch die Siedlung über den Gartenzaun oder Balkon auf Abstand immer wieder Gespräche mit den Nachbarn führt und versucht, den „Draht“ zu den Familien nicht zu verlieren. Live sei man doch offener als am Telefon oder per Mail, sagt sie. Es seien einfach schwere Zeiten. „Viele Menschen hier haben aktuell mit großen Problemen zu kämpfen: Existenzsorgen, zu viel räumliche Nähe, Ängste, Lerndefizite und vieles mehr…Ich kenne die Familien hier seit vielen Jahren, sehe die Kinder aufwachsen“, sagt sie. „Da macht man sich Sorgen.“ Dennoch bleibt sie positiv. „Wir machen es uns einfach so schön wie möglich und versuchen, etwas Freude und Zuversicht zu schenken“, sagt sie. So seien analog zu den im vergangenen Jahr mit den Kindern und Jugendlichen umgesetzten Weihnachts-Präsente-Aktionen, die selbst gestandene Männer zu Tränen gerührt hätten, auch zu Ostern bereits wieder einige Aktivitäten in Planung.