Wir im Quartier

Leben in der DRK Senioren-WG: Zusammen ist man weniger allein

Alles unter einem Dach: In einem VIVAWEST-Gebäudekomplex vereint der DRK-Kreisverband Lünen eine Senioren-WG, Tagespflege und Quartiersarbeit. Ein Besuch im Geistviertel.

Irmgard Wolf braucht kein Rezept. Ein bisschen Butter, Eier, etwas Milch. Die 82-Jährige hat ihr Leben lang für ihre Familie gekocht und, noch lieber, gebacken. Heute gibt es Zitronenkuchen – für ihre Mitbewohner. Während diese beim Tischdecken helfen, Kartoffeln für das Mittagessen stampfen oder einfach nur fernsehen, wirft Irmgard Wolf das Rührgerät an.

Das Zentrum der Senioren-WG: Die Wohnküche

Mit elf Senioren lebt sie in der Wohngemeinschaft „Glück auf“ des DRK-Kreisverbandes Lünen im Geistviertel. Ein Team aus Hauswirtschafts-, Betreuungs-, Pflege- und Pflegefachkräften kümmert sich rund um die Uhr um die Bewohner. Jeder hat sein eigenes Einzelapartment, das soziale Leben spielt sich, wie das in einer WG eben so ist, in der Küche ab. Die befindet sich in einem riesigen, lichtdurchfluteten Gemeinschaftsraum mit Sofaecke, Tischen und Stühlen, wo die Bewohner essen, spielen oder sich einfach unterhalten können.

„Unser Team kann auf jeden Bewohner individuell eingehen“

„Die Individualität steht im Vordergrund. Im Gegensatz zu einem Altenheim, wo die Abläufe sehr strukturiert sind, können wir mit dem modernen WG-Konzept neue Wege gehen. Hier wohnt eine gut durchmischte Gruppe, unser Team kann auf jeden Einzelnen eingehen“, sagt DRK-Pflegedienstleiter René Pott. Im Januar eröffnete der DRK-Kreisverband Lünen in den VIVAWEST-Räumlichkeiten in der Friedrichstraße 64a die Senioren-WG und die Tagespflege-Einrichtung. „Wir arbeiten an verschiedenen Projekten mit VIVAWEST zusammen, eine sehr gute Kooperation.“

Während Irmgard Wolf ihren Kuchen in den Backofen schiebt, pellt Maria Molitor nebenan in der Tagespflege-Einrichtung „In der Geist“ Kartoffeln und Eier für einen Salat. Die Tagesgäste werden dort montags bis freitags zwischen acht und 16 Uhr individuell betreut. Und auch hier wird frisch gekocht. „Was Besseres konnte mir nicht passieren. Es ist eine tolle Gemeinschaft, man kennt sich. Ich fühle mich hier sehr wohl“, sagt die 91-Jährige.

Selbstbestimmt leben

Heinz Graßmeier kümmert sich in der WG derweil um ein kleines Hochbeet auf der Terrasse und gießt die Tomatenstauden. Der 89-Jährige hat ein Händchen für Pflanzen. „Ich hatte eigentlich immer einen Garten. Auch hier habe ich auf meinem Balkon schöne Blumen“, sagt er. Christel Gregor spielt mit Pflegerin Nadja Schwertz Mensch ärgere dich nicht. Die 84-Jährige wohnt seit Januar in der WG. „Ich nehme Grün, und du, Nadja?“, fragt sie und greift zum Würfel. Für ein Spielchen ist sie immer zu haben.

„Unsere Bewohner leben hier selbstbestimmt. Jeder kann entscheiden, welche Angebote er nutzen möchte“, sagt Marie Schütter, die Leiterin der Senioren-WG. Das interdisziplinäre Team bietet etwa Spaziergänge, einen Gesangskreis, Gedächtnistraining, eine Zeitungsrunde oder Bewegungstherapie an.

Selbstbestimmt leben in der Senioren-WG

In der Tagespflege spielt eine kleine Gruppe Uno und unterhält sich. „Wir müssen über deinen Kartoffelsalat reden, Maria“, sagt Tagesgast Hans-Josef Stade. „Lecker!“ Irmgard Wenzlick stimmt zu. Die 93-Jährige kommt dreimal die Woche in die Einrichtung, ansonsten wohnt die VIVAWEST-Mieterin seit 67 Jahren gern in ihrer Wohnung im Geistviertel.

Miteinander statt nebeneinander leben

Ebenfalls im Gebäudekomplex untergebracht ist das Büro der Gemeinwesenarbeit Geistviertel. Quartiersmanager Tim Jesella fungiert als Ansprechpartner und Anlaufstelle für Bewohner des Stadtteils. „Jeder kann mit seinen Anregungen oder Sorgen zu mir kommen. Wir wollen gemeinsam den Gedanken des Mit- und Füreinanders im Stadtteil verwirklichen und gestalten.“

In den Räumen trifft sich regelmäßig der Stammtisch „Die Geister im Ort“, zudem organisiert Jesella Veranstaltungen. Unter anderem war er bei dem Frühlingsfest vor der Tür involviert. Die Senioren-WG und die Tagesgäste beteiligten sich ebenfalls an dem Fest.

Irmgard Wenzlick geht noch eine kleine Runde mit Pflegekraft Nancy Wilms spazieren. Das Viertel ist schon seit Jahrzehnten ihre Heimat – so soll es auch bleiben. Allzu lange darf der Spaziergang aber nicht dauern. Nachmittags kommt noch ein Bewohner der WG rüber. Gemeinsam wollen sie eine Runde Rummikub spielen.

Das ist die Senioren-WG im Lünener Geistviertel:

Die Senioren-Wohngemeinschaft „Glück auf“ bietet auf fast 600 Quadratmetern ein Zuhause für Menschen ab 65 Jahren mit Pflegegrad 2 oder höher. Die zwölf Wohneinheiten variieren zwischen 21 und 31 Quadratmetern und werden von den Mietern individuell eingerichtet. Die Tagespflege-Einrichtung bietet Menschen mit unterschiedlichem Hilfebedarf (ab Pflegegrad 1 sind Budgets nutzbar) von Montag bis Freitag zwischen acht und 16 Uhr eine Tagesstruktur an. Zudem kooperieren VIVAWEST und der DRK-Kreisverband Lünen auch beim Projekt Wohnen mit Service. Die Seniorenwohnanlage Luisenhüttenstraße 25 umfasst 67 Wohneinheiten für Senioren und Menschen mit Behinderung.